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Wiki-Video über Jolan Rieger
Seit vier Jahrzehnten malt Jolan Rieger ihre großformatigen farbenstarken Bilder im Stil eines figurativen Expressionismus insbesondere Frauenthematiken.
Sie durchläuft unterschiedliche Entwicklungsphasen, inhaltlich und
malerisch. Als Autodidaktin sucht sie ihren Ausdrucksweg. Als junger Mensch
malt sie noch gegenständlich, ästhetisch dominierte Landschaften, Blumenbilder,
Köpfe, Paare, verträumt und romantisch wirkend.
Mit ihrem Beruf als Diplom-Psychologin ändern sich die Themen ihrer Bilder und
auch die Art der Darstellung: Inhalte, mit denen sie als Psychotherapeutin
durch die emotionalen Probleme anderer permanent zu tun hat, finden ihren
Niederschlag in ihrer Malerei, suchen die emotionale Auseinandersetzung,
bedeuten für sie dadurch einen Befreiungsprozess von belastenden Themen und
Gefühlen. Es sind demnach die Problembilder, die in den letzten drei Jahrzehnten
in ihre Malerei Einzug halten.
Wenn sie nicht malt, dann schreibt sie Gedichte. Setzt sich in diesen mit ihrer
Emotionalität auseinander. Seit 1996 bis heute sind 16 Gedichtbände mit
über 4000 Gedichten auf diese Weise entstanden. In ihren Emotionen sieht sie auch
die Brücke zwischen ihrem Schaffensdrang als expressive Malerin auf der einen
Seite und als Dichterin auf der anderen Seite.
Als Malerin hat sie bis jetzt schon mehrere hundert ausdruckstarke Exponate
geschaffen. Menschen dominieren in ihren Bildern. Hauptsächlich Frauen,
beziehungsweise die intensive Auseinandersetzung mit Frauenrollen und
Frauenproblematiken. Sie malt Frauen, die nicht nur Sexualwesen sind, sondern
die ihre unterschiedlichen Rollen in der Gesellschaft erfüllen. Provokativ
zwingt sie den Betrachter ihrer Bilder dazu, sich zum Beispiel mit den Folgen
des Paragraphen 218, der Abtreibungsproblematik, auseinander zu setzen. Sie
zeigt gnadenlos die Brutalität der Abtreibungstat, klagt an, als ob sie
ausdrücken möchte, dass die Emanzipation der Frau nicht allein eine solche Tat
rechtfertigen kann. Auch ihre tiefe Religiosität ist dabei spürbar. Embryos
stehen oft im Mittelpunkt ihrer Exponate, die "Ersatzteillager" einer
gentechnisch orientierten Welt.
Jolan Rieger betrachtet ihre eigene Kreativität als einen überstarken Drang,
der ihr eingeboren ist, wie ein mächtiger Trieb, der sie erfasst, sie ein Leben
lang bestimmt, sie zum Instrument macht. Sie betrachtet und erlebt ihre
expressive Malerei als die Freiheit, die ihr die Möglichkeit gibt,
gesellschaftliche Zwänge, Fesseln, Maulkörbe und Regeln der Kunst abzuwerfen,
Tabus zu brechen, auf Themen, die jedermann etwas angehen, durch Konfrontation
aufmerksam zu machen, zu einer tiefen Auseinandersetzung mit Inhalten animieren.
Kunst bedeutet für Jolan Rieger viel mehr als nur Ästhetik. Das Schöne passiert
wie nebenbei in ihren Bildern durch intuitive Schaffung von ästhetischen
Farbkompositionen. Die expressive Malerei bedeutet für Jolan Rieger, sich
keinerlei Zwängen oder Regeln unterordnen zu müssen.
Jolan Rieger fühlt sich als Träger und Gestalter tiefer Regungen ihres
Unterbewusstseins. Vom Unterbewusstsein, von den Wurzeln ihrer Kreativität
gedrängt und bestimmt, vom Drang des Entwickelns, vom Drang des Gestaltens
beherrscht, bleibt ihr, eigenem Empfinden nach, keine Alternative: sie muss
gestalten, sich malend oder Gedichte schreibend ausdrücken. Selten plant sie
ein Bild. Sie ist der Meinung, dass ihre besten Bilder die sind, die aus ihrem
Unterbewusstsein selbständig herausfließen. Sie empfindet sich dann wie eine
Zuschauerin ihres Unterbewusstseins, das im Gestaltungsakt ihren Malarm als die
Verlängerung ihres Unterbewusstseins nutzt und Bilder aus der Seelentiefe
schafft. Sie selbst fühlt sich dann als Betrachterin und Vermittlerin ihrer
eigenen Kunst, die oft von ihren Archetypen Anima und Animus, aus den Urbildern
der Seele geschaffen wird, aus dem Bilderreichtum des kollektiven Seelenerbes
hervorgeht.
Das schöpferische Werk wächst demnach aus unbewussten Tiefen empor und der
Künstler ist im tiefsten Sinne immer nur Instrument:
"Das Wiedereintauchen in den Urzustand der participation mystique ist das
Geheimnis des Kunstschaffens und der Kunstwirkung, denn auf dieser Stufe des
Erlebens erlebt nicht nur der Einzelne, sondern auch der Mitmensch, der
Betrachter. Darum berührt das Kunstwerk die Seele auf das Tiefste. Darum ist
die persönliche Biographie des Künstlers nicht besonders wichtig. Interessant,
wesentlich und unvermeidlich aber ist das geschaffene Werk."
C.G. Jung, "Über das Wesen des Geistes".